Tourbeschreibung - Tag 2
Von Keflavik nach Strandarkirkja
Nach einer ziemlich schlaflosen Nacht frühstücken wir im kleinen Aufenthaltsraum, über den der neue Campingplatz von Keflavik verfügt. Übrigens kann man sagen, dass das isländische Brot sehr gut ist. Wir hatten an diesem Morgen und auch an den weiteren Tagen eines der dunklen Mischkornbrote, von denen man in den Supermärkten einige Sorten erhalten kann. Sehr zu empfehlen ist auch das "Rugbrauð", ein dunkles Roggenmischbrot, dass im Originalrezept mit Erdwärme gebacken wird.
Der Beginn des heutigen Tourabschnitts führt uns zunächst an bunten Holzhäusern vorbei Richtung stadteinwärts und direkt zum Denkmal am Hafen auf die parallel zur Küste verlaufende Straße Nr. 45, die nur wenig weiter südlich am Ortsende von Njarðvik in die 41 übergeht. Auf der 41 fahren wir weiter Richtung Osten und der vorherrschende Nordwind macht sich allenfalls gelegentlich von der Seite bemerkbar. Nach etwa 10km Fahrt erreichen wir den Abzweig auf die Straße Nr. 43 nach Grindavik. Hier kann man noch einmal einen schönen Panoramablick auf den nördlichen Atlantik genießen, bevor man sich nach Süden in Richtung der blauen Lagune und Grindavik bewegt. Der nun gänzlich von hinten kommende Wind läßt uns mühelos voran kommen und die um 15 bis 20°C liegenden Temperaturen fühlen sich wesentlich wärmer an.
Die Landschaft um uns herum wirkt karg und eintönig: große leere Ebenen wechseln sich mit bis zu etwa 300m hohen Hügeln und Feldern ab, die mit in Blockform erstarrter bräunlicher Lava übersäht sind. Was unsere Aufmerksamkeit jedoch wirklich fesselt, sind die dichten weißen Dampfschwaden, die in großer Entfernung vor uns aus dem Gelände aufsteigen. In dieser Richtung liegt jedenfalls - wie wir wissen - die blaue Lagune. Doch nach allem, was wir darüber gelesen haben, müssen die gewaltigen Dampfmengen eine andere Ursache haben.

Nach etwa 10 km Fahrstrecke sehen wir den Grund vor uns, ein ausgedehntes Geothermal-Kraftwerk. In der ganzen Umgebung des Kraftwerks steigen heiße nach Schwefelwasserstoff riechende Dämpfe aus dem Boden auf. Der Boden selbst fühlt sich überall warm bis heiß an und die Wärme ermöglicht zahlreichen bunten Planzen das Wachstum hier. Die Anlage wirkt in ihrer Größe und mit den vielfältigen Geräuschen der ausströmenden geothermalen Gase ziemlich beeindruckend. In mehreren Richtungen verlassen bis zu 50 cm durchmessende dunkelrote Rohrleitungen die Kraftwerksanlagen, durch welche die heißen Gase zu mehreren Orten der Insel geleitet werden, um dort Häuser und andere Einrichtungen zu beheizen. Neben der Fernwärmeversorgung wird hier offensichtlich auch auf die Stromerzeugung gesetzt, was eine Umspannstation mit daran angeschlossener mehrsträngiger Überlandleitung belegt.
Nach all diesen Eindrücken entschließen wir uns, auf die blaue Lagune selbst zu verzichten und unsere Fahrt Richtung Grindavik fortzusetzen.
In dem etwa 2200 Einwohner zählenden Fischereiort Grindavik finden wir gegenüber der Fischfabrik an der Hauptstraße ein Restaurant mit Mittagsmenü und machen dort ca. 1 Stunde Mittagsrast. Später sollten wir merken, dass uns gerade diese Pause für den nun kommenden Streckenabschnitt die nötigen Reserven verschafft hatte. Als Einstimmung auf das, was nun kommt, baut sich schon kurz nach Verlassen der befestigten Straße östlich von Grindavik eine von starken Windwirbeln erzeugte undurchsichtige Wand aus Staub vor uns auf. Wir können nur noch anhalten und warten, dass der Staub sich wieder legt. Die weiteren 15 km Fahrstrecke über das östlich von Grindavik liegende Isólfsskáli auf der "Straße" 427 erweisen sich als schwierig bis (mit unseren Rädern) gar nicht befahrbar. Dafür ist einerseits die bis zu 16 prozentige Steigung des Tracks, vor allem jedoch der Belag verantwortlich, der über längere Abschnitte aus losem Sand und Schotter besteht. Wenn das alles nocht nicht gereicht hätte, so zwingen uns letztlich doch die immer wieder kehrenden starken bis sehr starken und urplötzlich auftretende Seitenwindböen, die mich einmal fast von der Straße in den Graben gedrängt hätten, zum Absteigen und Schieben der Räder. Der Blick zurück auf die unter uns liegende Landschaft um Grindavik und den blauen sonnigen Atlantik wiegt die Mühen jedoch wieder auf.
Kurz vor und mehrere Kilometer hinter dem Abzweig auf die nach Norden führende Straße 428 ist der Fahrweg geteert und läßt einen wieder gut vorankommen. Ab dem Punkt jedoch, der in etwa die südlichen Ausläufer des Bláfjöll bei Geitahlið markiert, wechselt der Straßenbelag zu einer harten Schotterpiste mit einer "waschbrett"-ähnlichen Struktur. Trotz teils abfallendem Gelände kommt man hier nur langsam vorwärts, da der genannte Belag ein schnelles Fahren wegen der hohen Rüttel-Belastungen für die vorderen und hinteren Gepäckträger verbietet.
Währen einer ganzen Zeit fahren wir nun schon wieder an der Atlantikküste entlang, die nur 1 bis 3 km südlich von uns liegt und vor uns kommt nun, nach insgesamt etwa 65km Fahrt, der kleine See Hlíðarvatn in Sicht. Nun sind es nur noch 15km bis zum heutigen Tagesziel, dem winzigen Küstenort Strandarkirkja. Gegen 19:00 Uhr erreichen wir Strandarkirkja bei immer noch bestem Sommerwetter und schlagen auf dem Campingplatz "Selvogi" der freundlichen Sigfridur Óskarsdóttir, wo wir die einzigen Gäste sind, unsere Zelte auf.



Tagesstrecke: 80 km.
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