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Heute steht die vermutlich letzte Etappe der Tour an, die wir vollständig mit dem Fahrrad
zurücklegen werden. Wir wollen Akureyri erreichen, die als die schönste Stadt Islands gilt.
Doch von diesem Ziel trennen uns jetzt noch knappe 100 Kilometer und so brechen wir relativ zeitig
nach dem Früstück gegen 9:30 Uhr auf. Den Mývatn mit seiner grünen Graslandschaft
und den Kratern lassen wir hinter uns und machen uns bei bewölktem Himmel und Temperaturen von
nur ca. 15°C auf den Weg, der auch heute wieder komplett über die Ringstraße führen
wird. Schon bald, etwa ab Laxárbakki, machen sich die südlichen Ausläufer des Hochlandes
bemerkbar: die Höhenzuge "Mývatnsheiði" und "Fljósheiði" führen
zu deutlichen Steigungen. Zuerst sind über eine Länge von ca. 4 Kilometern 5-8%, und später
über ein Stück von 6 Kilometern noch einmal 5 - 8% Steigung zu fahren. Die Höhenlagen, die
wir dadurch erreichen, ermöglichen jedoch immer neue Ausblicke über die weitläufigen grünen
Flusstäler dieser Landschaft.
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Nach drei Stunden erreichen wir den größeren Provinzort Laugar, der mit seinem modernen Schwimmbad,
einem großen Hotel und einigen Pensionen sowie dem Campingplatz touristisch gut erschlossen ist.
Direkt an der Hauptstraße sehen wir ein Postamt und wir nutzen diese Gelegenheit, um uns im Postamt
nach der Unterkunftssituation in Akureyri zu erkundigen. Da Akureyri die zweitgrößte Stadt
Islands, wegen seiner Schönheit überaus beliebt und es außerdem mittlerweile wieder Wochenende
ist, sind wir nicht so sicher, ohne weiteres dort eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden. Ulli verschwindet
im Postamt und bleibt zunächst verschwunden. Nach etwa einer halben Stunde werde ich dann doch ungeduldig
und gehe hinein, um nachzuschauen. Ulli ist der einzige Gast im Postamt und im Gespräch mit einer der weiblichen
Angestellten vertieft. Er erzählte mir, dass die hilfsbereite Dame beinahe sämtliche Vermieter in Akureyri
über das Internet recherchiert und mehere Telefongespräche geführt hatte. Schließlich war
sie auch erfolgreich gewesen: in der "Brekkugata" Nr. 6 war noch ein großes Doppelzimmer in einer alten Stadtvilla
frei, die von der im Haus lebenden Besitzerin nach dem "Mitwohnprinzip" an Reisende vermietet wurde. Für soviel
Hilfsbereitschaft auch von hier aus noch mal ein riesiges Lob und ein Dankeschön an die Postangestellte
"Sigriður Larsson".
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Mit der beruhigenden Gewissheit, in Akureyri nicht auf der Straße schlafen zu müssen, setzen wir die
Fahrt fort. Jetzt geht es noch ein kleines Stück nach Norden und dann in einem großen Bogen Richtung
Südwesten in das Tal des Flusses
"Skjálfandafljót",
der am Südrand des Vatnajökull
entspringt. Nur unweit südlich der Ringstraße bei Fosshóll stürzt der Fluss über eine
30 Meter breite Abbruchkante 12 Meter in die Tiefe. Dieser Wasserfall wird auf Island als Wasserfall der Götter,
"Goðafoss",
bezeichnet. Der Legende nach soll hier vor 1000 Jahren der Gode Þorgeir seine Götzenbilder in den Wasserfall
geworfen haben, nachdem er von jenem Alþing zurückgekehrt war, auf dem die Annahme des Christentums
beschlosssen worden war.
Der Goðafoss ist zwar nicht der größte Wasserfall Islands, aber sicher einer der schönsten.
Wir legen deshalb hier eine längere Pause ein. Interessant sind neben dem Wasserfall die vielen Felsformationen, die den
Flusslauf direkt unterhalb der Fälle begleiten. Es handelt sich um hellgrau bis weiß verwitterte
Basaltsäulen. Solche Säulen entstehen dann, wenn basaltische Lava abkühlt. Der sechseckige Querschnitt
der Säulen entspricht dem natürlichen Kristallwachstum der Mineralart, aus der diese Gesteinsschmelze
aufgebaut ist.
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Nach der Rast geht es ohne nennenswerte Höhenunterschiede weiter auf der Straße 1 bis man das Tal der
Fnjóska passiert. Ab hier geht es nun noch einmal bergauf, da man die nördlichen Ausläufer des
Höhenzuges Vaðlaheiði mit einer bis zu 8 prozentigen Steigung umfahren muss. Sobald wir den höchsten
Punkt dieses Bergrückens erreichen, bietet sich ein grandioser Blick auf den "Eyjafjördur", der sich
vom Nordmeer her mehr als 30 Kilometer in das Inland hineingeschnitten hat und an dessen südlicher Spitze unser Ziel,
die Stadt Akureyri, liegt. Nun geht es mit bis zu 10 Prozent Gefälle auf der Straße hinunter zum Fjord.
Unmittelbar rechts neben der Straße fällt das Gelände steil ab und da die Straße nicht mal
über eine Leitplanke verfügt und der dichte Verkehr direkt an einem vorbei rauscht, kann man sich als
Radfahrer hier nicht wirklich wohlfühlen. Die fantastische Landschaft wiegt das aber locker auf: nördlich
blickt man auf den Atlantik, vor sich hat man den wunderschönen Fjord und nach allen Seiten hin erheben sich
die Gipfel schneebedeckter Berge.
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Aus der Ferne sieht man im Tal südlich auch schon Akureyri als ausgedehnte
Ansammlung weißer Häuser liegen. Mit diesen Eindrücken erreichen wir gegen 17:30 Uhr die zweitgrößte
Stadt der Insel. Nach einer kurzen Orientierung in der Touristinfo, die direkt am Ortseingang auf dem Gelände des
Bushofs ist, wenden wir uns stadteinwärts. Ein paar Abbiegungen später stehen wir vor einem alten Stadthaus,
dass sich auf einem mit hohen Bäumen bestandenen Grundsstück befindet. Wir sind in der Brekkugata Nr. 6
angekommen, unserer bisher luxuriösesten Unterkunft dieser Tour.
Wir beschließen, die Stadtbesichtigung auf morgen zu verlegen. Mir kommt das gelegen, da ich jetzt trotz aller
Planung doch keine sauberen Klamotten mehr übrig habe. Wie mir die Vermieterin sagt, gibt es hier keine Waschsalons.
Aber freundlicherweise bietet sie mir an, einen Teil meiner verdreckten Sachen bis zum nächsten morgen selbst zu waschen
und zu trocknen. Dankbar nehme ich ihr Angebot an.
Den Abschluss des Tages bildet der Besuch eines Restaurants, dass zu
"Pizza 67"
gehört. Das Restaurant,
in dem man auch Fisch und Steaks bekommen kann, liegt in der Geislagata 7 in der Nähe gegenüber des Hafens.
Zur Pizza nehme ich natürlich wieder zwei Bier, was beweist, dass man aus Schaden nicht unbedingt immer klug wird.
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