Jetzt ist es also soweit: auch diese Tour findet ihr Ende und der letzte Tag bricht an. Schon um 3:45 Uhr
wache ich auf und werfe meinen eingerollten Schlafsack gegen Ullis Zelt, um auch ihn aufzuwecken. Wir haben
erfahren, dass ab 4:30 Uhr in der Früh jede Viertelstunde ein Shuttlebus vom Busterminal zum Flughafen
fährt und wollten eigentlich den Bus um 4:45 Uhr erreichen. Jetzt aber sehen wir, dass wir mit dem
Zeltabbauen, Packen und Duschen doch nicht so schnell sind, zumal der wenige Schlaf und die Morgenkälte
eher bremsend als sonst was wirken. Außerdem müssen wir praktisch vom Ostende der Stadt ziemlich weit
nach Westen, wo das Busterminal liegt.
So erreichen wir erst gegen 5:00 Uhr das Busterminal und erleben gleich eine Überraschung, denn der
Fünf-Uhr-Bus ist bereits mit Gästen aus den verschiedensten Hotels und vor allem ihrem Gepäck
so voll, das er keine Räder mehr mitnehmen kann. Beim nächsten Bus haben wir mehr Glück: wenn
auch wegen des schon ziemlich vollen Laderaums nicht gerade begeistert, sagt der Busfahrer doch zu, uns und
die Räder zum Flughafen zu fahren. Die Lenker müssen wir drehen, ohne sie vorher zu lösen,
da uns das Multitool abhanden gekommen ist. Alles wird aber gut und wir sitzen bald im Bus, dennoch plagen
mich irgendwie schlechte Vorahnungen, vielleicht auch nur wegen der Hektik und der Panne mit dem ersten Bus
- wer weiß.
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Sehr spät, nämlich erst um 6:30 Uhr, sind wir am Flughafen und meine Ahnungen sollen sich,
zumindest teilweise, bestätigen: als erstes werden wir angeblafft, weil unserer Räder und die
Ausrüstung nach dem Ausladen aus dem Bus mitten auf der Straße vor dem Flugterminal liegen.
Als nächstes ist keine einzige Gepäckkarre mehr zu finden, was mit zwei Koffern vielleicht kein
Problem ist, aber bei 10 Gepäckstücken und zwei Rädern schon zu einer Menge Flüche
führt. Als ob das noch nicht reicht, werden wir von einer Angestellten mit völlig ausdrucksloser
Mine (um diese Uhrzeit vielleicht normal) aufgefordert, die Räder die ganze Zeit über
mit uns durch die Schlange bis hin zum Abfertigungsschalter zu führen. Und die Schlange ist nicht nur
sehr lang, sondern die Wege zum Schalter auch sehr eng und unergründlich. Nachher sehen wir, dass diese
Maßnahme völliger Unsinn war, denn am Schalter erhalten wir nur einen Aufkleber, den wir
an den Rädern befestigen sollen - sonst nichts. Dafür hätten wir die Räder jedenfalls
nicht die ganze Zeit mit uns schieben müssen und wir gewinnen den sicheren Eindruck, dass man hier
mit so großen Fluggastzahlen einfach überfordert und infolgedessen schlecht organisiert ist.
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Am Schalter fängt man dann noch mit mir eine große Diskussion wegen der Fahrradkarte an, die mit zum
Flugticket gehört. Ich verstehe nur, dass die Rückreise von Frankfurt mit dem Zug nicht von hier aus
gebucht oder reserviert werden kann, was ich ja auch gar nicht will. Schließlich sind die Zugtickets
schon längst bezahlt, da sie als Rail- & Flytickets bei Icelandair gebucht wurden und eine Reservierung
habe und brauche ich sowieso nicht. Schließlich endet die Diskussion irgendwann ergebnislos und ich weiß
bis heute nicht, worum es dabei wirklich ging, außer das uns das ganze Labern sage und schreibe weitere
15 Minuten gekostet hat, wo ohnehin schon alles so knapp war.
Zum Glück können die Räder ohne jede Verpackung in den Flieger und laufend erreichen wir genau
beim letzten Aufruf den Ausgang der Abflughalle. Gehetzt nehmen wir endlich im Flieger Platz - geschafft!
Nun - nach zwei Wochen in den unendlichen Weiten Islands, die nie ein Stolberger zuvor besuchte - ist die Enge im
Flugzeug noch unerträglicher als auf dem Hinflug. Einziger Höhepunkt des Rückflugs ist das
Überfliegen der Nordwestküste der schottischen Halbinsel, auf die man eine ausgezeichnete Sicht hat.
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Bei heißem Sommerwetter landen wir um 12:30 Uhr in Frankfurt. Die Räder und unser Gepäck erhalten
wir vollständig und unversehrt zurück. Um diese Radtour nicht zu unvermittelt abbrechen zu lassen, wollen
wir nicht hier und direkt in den Zug einsteigen, sondern nehmen uns vor, die Strecke bis Mainz noch mit dem Fahrrad zurückzulegen.
Nach längerer Suche finden wir tatsächlich den Main und folgen ihm Richtung Mainz. Was in den ganzen zwei
zurückliegenden Wochen kein Problem war, geschieht jetzt: wir geraten in einen derart starken Gewitterregen,
dass absolut nichst mehr trocken bleibt.
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Meine Bremsen erweisen sich als völlig regenuntauglich und mit so gut
wie gar keiner Bremskraft und der ständigen Gefahr, auf freiem Feld vom Blitz erschlagen zu werden, erreichen
wir in einem Park kurz vor Mainz eine Unterstellmöglichkeit. In meine ziemlich genervte Stimmung hinein versucht
nun ein hiesiger Ureinwohner, der hier ebenfalls Schutz vor dem Regen suchte, mich in ein Gespräch zu verwickeln.
Ungerührt von meinen Mühen beim Wechseln der völlig nassen Klamotten und dem Erneuern der Bremsen,
redet er in einem fort auf mich ein. Da hilft nur noch die sofortige Flucht und so fahren wir weiter durch den jetzt
nachlassenden Regen. Kurz vor dem Bahnhof in Mainz setzt der Regen wieder in voller Stärke ein und was trocken
war, ist es nun die längste Zeit gewesen.
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Als wir im Bahnhofsgebäude sind, hört der Regen draußen urplötzlich auf. Unsere Stimmung kann das
aber nicht lange heben, denn nun übernimmt die deutsche Bundesbahn die Regie für den Rest dieses
Tages: einen direkten Zug nach Köln gibt es nicht von Mainz aus!, nur nach Koblenz, wo wir dann umsteigen müssen.
Hier jedoch fällt der Zug nach Köln aus, und der sehr spät angekündigte Ersatzzug fährt nicht
nur von einem anderen Gleis aus, sondern uns auch vor der Nase weg.
Die Zeit kann man sich in Koblenz jedoch ausgezeichnet mit Pizza-Essen direkt gegenüber dem Bahnhof vertreiben.
Bei der Annäherung an Aachen ist es schließlich mittlerweile Nacht geworden und dunkel - ja, es gibt
tatsächlich so etwas wie Dunkelheit, stellen wir nach zwei Wochen am Polarkreis mit seiner 24-Stunden-Helligkeit
fest. Und daraus ergibt sich das letzte Problem, das an diesem Tag zu lösen ist: keiner von uns hat Licht an seinem
Rad, den das haben wir vor Island abmontiert.
In meinem Fall hätte das kein Problem bereitet, denn von meinem Zielbahnhof - Stolberg - hätte ich nur noch
wenige 100 Meter nach Hause gehabt. Ulli jedoch muss schon in Aachen austeigen und von dort noch runde 10 Kilometer
nach Hause in Oberforstbach fahren - über eine Waldstraße ohne Licht. Die Lösung ist zum Glück
einfach: Ulli fährt mit nach Stolberg und ich bringe ihn von dort aus mit dem Auto nach Hause. Irgendwann nach
Mitternacht bin ich wieder zurück und meine Frau und meine Tochter haben mich nach zwei aufregenden und erlebnisreichen
Wochen wieder.
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